Budenbauer mit Vorliebe für Künstliche Intelligenz
veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 05/2024
Die Bude22 ist ein Tochterunternehmen der Volksbank Haselünne eG. Sie bietet ihre Dienstleistungen als Kreativagentur aber nicht nur Genossenschaftsbanken, sondern dem gesamten regionalen Mittelstand an. Mit Erfolg. Ein Schwerpunkt liegt auf der Kompetenz rund um die Künstliche Intelligenz (KI). Im Gespräch mit dem Genossenschafts-Magazin Weser-Ems spricht die Geschäftsführerin Caroline Wille über die Her-ausforderungen rund um ChatGPT, Microsoft Copilot & Co.
Frau Wille, wie sah Ihr Weg zur Arbeit heute aus?
Ich bin wie jeden Morgen mit dem Auto nach Haselünne gefahren. Ich brauche etwa 45 Minuten für die Strecke. Diese Zeit nutze ich, um E-Mails zu checken, Arbeitsanweisungen zu formulieren und andere Texte zu schreiben.
… aber Sie fahren Auto, sollten Sie sich nicht auf den Verkehr konzentrieren?
… ja klar, das tue ich auch. Aber ich nutze sprachgesteuerte KI-Assistenztools. Das funktioniert wie telefonieren. Wenn ich dann am Schreibtisch sitze, hat das Team beispielsweise die ersten Arbeitsanweisungen bereits vorliegen und wir können diese besprechen, ich kann über die bearbeitenden E-Mails und Textentwürfe schauen und direkt loslegen. Das spart viel Zeit.
KI gehört also bereits zu Ihrem Alltag. Wie können Unternehmen KI bereits konkret nutzen?
Wir in der Bude22 nutzen KI-Tools vor allem in den Bereichen der Text-, Bild- und Videobearbeitung. Videoschnitt, Bild- und Sprachgenerierung, Erstellung von Präsentationen, zur Recherche oder Erstellung von Grobkonzepten, um Texte zu prüfen, umzuschreiben oder übersetzen zu lassen und einiges mehr. KI gehört zu unserem Handwerkszeug als Kreativagentur. Beispielsweise nutzen wird den Microsoft Copiloten, ChatGPT und auch die verschiedenen Grafikprogramme wie Adobe Firefly und andere, die über eine generierende KI verfügen. Darüber hinaus ist KI in Unternehmen vor allem bestens dazu geeignet, Prozesse zu überprüfen und zu verbessern. Die Einsatzmöglichkeiten sind einfach vielfältig.
Was sollten Unternehmen tun, um die Vielfalt und Chancen von KI nutzen zu können?
Unternehmen müssen sich vor allem mit dem Thema beschäftigen. Künstliche Intelligenz ist nichts Neues, sie gibt es seit vielen Jahrzehnten. Die Entwicklung der Rechnerleistung eröffnet heute allerdings neue Möglichkeiten. Diese sollten auch klein und mittelständische Betriebe nutzen. Dafür müssen jetzt die Grundlagen gelegt werden, denn die Entwicklung ist rasant. Das, was wir heute glauben zu wissen, ist morgen schon wieder überholt. Es ist somit wichtig, für KI offen zu sein, Anwendungsmöglichkeiten zu finden, sich mit den Instrumenten vertraut zu machen, die Mitarbeitenden zu trainieren und Strategien zu entwickeln.
Die Bude22 berät und begleitet Unternehmen im Bereich KI. Wie sieht diese Begleitung genau aus?
Wir versuchen mit Workshops und Coachings in unterschiedlichen Formaten die Betriebe in der Region zum Thema KI abzuholen. Wir zeigen den Mitarbeitenden, was mit KI in welchen Bereichen möglich ist. Damit wird ein Gedankenprozess gestartet, das Mindset der Gruppe wird neu aufgesetzt. Das ist die Grundlage, um neue Ideen für das jeweilige Unternehmen zu finden und am Ende auch umsetzen zu können.
Das klingt eher theoretisch, oder täusche ich mich?
Das ist keineswegs nur Theorie, ganz im Gegenteil. Beispielsweise gibt es in unserem KI-Café einen regen Austausch und viel praxisorientierter Anwendung. Das Interesse vom Handwerksbetrieb bis hin zum größeren Mittelständler ist groß. Dabei stehen die meisten Menschen wie gesagt am Anfang, was KI betrifft. Viele haben KI bereits irgendwie wahrgenommen. Das ist die Stufe 1 (Wahrnehmung). Eine Menge probiert KI auch bereits aus. Das ist die Stufe 2 (Erprobung). So haben beispielsweise sicher einige Leser dieses Interviews schon mal ChatGPT genutzt, um Texte erstellen zu lassen.
Wie man aber mit ChatGPT zu den besten Ergebnissen kommt, diese Kompetenz muss vielfach erst noch erlernt werden. Dabei geht es um das richtige Prompten, also die richtigen Befehle einzugeben. Auch dazu gibt es bei uns Workshops. Viele Nutzer machen das wie bei einer Google-Suche. Das führt aber meist nicht zu guten Resultaten. Das müssen viele erstmal lernen. Erst dann geht KI uns langsam in Fleisch und Blut über und wir nähern uns den Stufen 3 (Adaption) und 4 (Integration). Somit geht es zum jetzigen Zeitpunkt für die meisten Firmen und ihre Mitarbeitenden schwerpunktmäßig darum, sich die Grundlagen und erste Fingerfertigkeiten zu erarbeiten, um KI danach in den Arbeitsalltag adaptieren und integrieren zu können.
Auf welcher Stufe befindet sie Volksbank Haselünne, deren Tochterunternehmen sie ja sind?
Die Volksbank Haselünne ist sehr offen für KI und befindet sich in der Erprobungsphase – also auf der Stufe 2. Das geht aktuell von der Nutzung von ChatGPT bis hin zur Simulation von Beratungsgesprächen mit der VR-Brille bis hin zum Beratungstraining mit Thomas Lambert – einem virtuellen Mitarbeiter, der als Trainingstool erstklassige Arbeit leistet. Für die Öffentlichkeit sichtbar ist bereits Rudi – der digitale Hausmeister mit guten Tipps Rund um die Immobilie. Der führt auch schon mal ein Podcast mit einem Firmenkunden und anderen Gesprächspartnern durch. Die Bandbreite der Nutzung ist mittlerweile breit bei der Volksbank Haselünne. Damit ist der Grundlage für einen kreativen und visionären Umgang mit der KI gelegt.
Thomas Lampert und Rudi sind also bereits durch KI erschaffende Mitarbeiter. Was sagen die Vorstände Andreas Knief und Oliver Pohl dazu?
Den Vorständen gefallen die neuen Kollegen natürlich. Diese widersprechen nicht und arbeiten rund um die Uhr. (Wille lacht) Aber ernsthaft: Die beiden virtuellen Kollegen sind ideale Übungspartner für die Mitarbeitenden. Dadurch lässt sich KI spielerisch erfahren.
Es gibt aber sicher auch Vorbehalte, das KI die Möglichkeiten von kleinen und mittelständischen Unternehmen übersteigt, das Fragen des Urheberrechts und Datenschutzes Risiken bergen, IT-Sicherheit gefährdet sein könnte und vieles mehr. Was sagen Sie zu diesen Einwänden?
Ja klar, es gibt Gefahren, die mit KI verbunden sein können. Aber dafür gibt es Lösungen. Und eines ist klar: Die Mitarbeitenden probieren KI ohnehin aus. Wenn ein Unternehmen eine zurückhaltende Linie in Sachen KI fährt, dann wird das im Zweifel eben heimlich gemacht. Zudem fördert das nicht unbedingt die Motivation der Belegschaft, sich auf diesen Wandel, der unseren Arbeitsalltag mit hoher Intensität bestimmen wird, einzustellen. Man sollte den Mitarbeitenden die Möglichkeit geben, KI kennenzulernen und auszuprobieren. Wer Angst vor IT- und Datenschutzproblemen hat, der stellt separate Rechner außerhalb des Firmennetzwerks auf. KI sollte strategisch betrachtet sicherlich Chefsache sein. Aber Vorstände und Geschäftsführer müssen keine KI-Experten sein und können dies ihren Teams überlassen. Wichtig sind vor allem die Anwender. Die müssen die Tools beherrschen.
Viele Mitarbeitende befürchten, dass sie mit der KI ihre eigenen Jobs abschaffen. Sind diese Ängste begründet?
Diese Ängste gab und gibt es bei allen technischen Innovationen. Natürlich verändert KI die Arbeitswelt, verändert unsere Arbeitsinhalte. Aber KI unterstützt unsere Arbeit, ist Handwerkszeug und funktioniert niemals ohne Menschen. Am Ende geht es um Arbeitserleichterung. KI nimmt uns wiederkehrende Arbeiten ab, unterstützt uns bei Dingen, die viel Zeit fressen. Somit können wir uns auf unsere menschlichen Stärken konzentrieren, auf kreative und strategische Aufgaben und Prozesse. Gerade auch angesichts des Fachkräftemangels ist KI eine Chance.
Warum kann die KI bestimmte Arbeiten einfach besser als der Mensch?
Da ist zum einen die Schnelligkeit der Informationsverarbeitung, da kommt der menschliche Prozessor nicht mit. Aber KI versteht vor allem unsere menschlichen Schwächen in der Kommunikation, strukturiert Inhalte besser als wir es in der Regel tun und behält den Überblick auch, wenn die Datenmenge für uns unübersichtlich wird.
Wo sind die Grenzen der KI?
KI wird immer von Menschen gestaltet. KI kann nicht denken und nicht menschlich-kreativ sein. Und vieles, was KI erzeugt, wird gleichförmig sein, hat keine wirklich eigene Note. Dafür müssen stets wir Menschen als Nutzer der KI sorgen. Wir machen das Produkt und die Dienstleistung zu etwas Besonderem.
Verändert KI ein Unternehmen wie die Volksbank Haselünne?
Natürlich verändert KI unseren Berufsalltag und auch die Unternehmen. Die Hierarchien werden flacher, das Arbeiten agiler, Prozesse immer digitaler und schneller. Unsere Bankvorstände Andras Knief und Oliver Pohl betonen, dass das klassische Finanzgeschäft weiterhin die wirtschaftliche Basis der Volksbank darstellen wird. Aber darüber hinaus stellen sie klar, dass das allein künftig nicht reichen wird. Die Kundinnen und Kunden verlangen mehr. So wird das klassische Bankgeschäft angereichert werden mit erweiterten Dienstleistungen. Diese werden unter anderem auch durch die KI bestimmt und gesteuert werden. Aber auch im Bankgeschäft selbst werden KI-Tools immer wichtiger werden. Vom Training über die Beratung per Chatbot bis hin zum Vertrieb sind deren Einsatzbereich breit gestreut. Darauf muss sich die Bankwelt ganz sicher einstellen – und die Entwicklung wird schneller gehen, als viele sich träumen lassen.